Teleoperation: Die nächste Welle der Mobilitätsinnovation
Forschungsbedarf für Teleoperation wurde definiert
Die Teleoperation, definiert als die Fernsteuerung oder Fernübermittlung von Informationen
an Fahrzeuge, gewinnt, im Kontexts der Mobilitätsrevolution, weiter an Bedeutung. Die
Teleoperation erweitert das Spektrum der Fahrzeugsteuerung und bietet eine innovative
Brücke zwischen der traditionellen manuellen Steuerung und den vollautonomen Systemen.
Mit der zunehmenden Integration in den öffentlichen Verkehr und in spezialisierte
Anwendungsbereiche hat die Teleoperation das Potenzial, unsere Vorstellung von Transport
und Mobilität grundlegend zu verändern. Die Arbeitsgruppe „Forschungsbedarf
Teleoperation“ der Bundesanstalt für Straßenwesen (bast) veröffentlichte vor Kurzem einen
Bericht zu notwendigen Forschungsvorhaben, um teleoperiertes Fahren zu realisieren.
Die Rolle der Teleoperation in der modernen Mobilität
Eine neue Dimension der Fahrzeugsteuerung
Die Teleoperation eröffnet eine dritte Dimension der Fahrzeugsteuerung, die über die
bisherigen Möglichkeiten hinausgeht. Sie ermöglicht es, Fahrzeuge aus der Ferne zu steuern
oder mit wichtigen Informationen zu versorgen. Dies ist besonders in Situationen von Vorteil,
in denen autonome Systeme an ihre Grenzen stoßen oder menschliche Intuition und
Entscheidungsfähigkeit gefragt sind.
Starke Anforderungen und einen insbesonderen hohen Forschungsbedarf stellen sich
hinsichtlich der Kommunikationstechnologien, die für eine Teleoperation notwendig sind.
Eine zuverlässige, schnelle und sichere Übertragung von Steuerbefehlen und Fahrzeugdaten
ist entscheidend für die Realisierung der Teleoperation.
Technologische Herausforderungen in der Kommunikationstechnologie
Insbesondere die Sicherstelleung der Mindesanforderungen hinsichtlich Datenraten und
Latenz ist entscheidend, um eine reaktionsschnelle und effiziente Teleoperation zu
gewährleisten. Zu untersuchen ist wie Daten effizient über verschiedene Netzwerke
übertragen und Latenzen minimiert werden können, um eine nahezu Echtzeit-
Kommunikation zwischen dem Operator und dem Fahrzeug zu ermöglichen.
Die Forschungsfragen hinsichtlich der Kommunikationstechnologie konzentrieren sich auf
die Optimierung der Quality of Experience (QoE) für die Nutzenden unter Berücksichtigung
klassischer Messgrößen wie Datenrate, Latenz und Jitter. Die Herausforderung besteht darin,
die QoE für Personen, die Fahrzeuge fernsteuern oder assistieren, zu verbessern, wobei die
spezifischen Anforderungen verschiedener Fahrsituationen (Autobahnen, Schnellstraßen,
Stadtstraßen) berücksichtigt werden müssen. Die tolerierbare Latenz und der Jitter variieren
je nach Fahrsituation, was eine differenzierte Betrachtung erfordert, um sowohl die Sicherheit
des Fahrzeugs als auch die QoE der fernsteuernden Person zu gewährleisten.
Die Entwicklung und Validierung von Techniken zur Bestimmung der maximal tolerierbaren
Latenz und des Jitters sind ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Hierbei ist eine
empirische Evaluation unter Einbeziehung des menschlichen Faktors unerlässlich, da das
menschliche Gehirn in der Lage sein könnte, bestimmte Verzögerungen oder
Informationslücken bis zu einem gewissen Grad zu kompensieren. Die Simulation und
Modellierung von Fernsteuerungs- und Assistenzsystemen in Computersimulationen spielt
ebenfalls eine wichtige Rolle, um das Verhalten des Gesamtsystems aus fernsteuernder
Person, Kommunikationsstrecke und teleoperiertem Fahrzeug zu verstehen und zu
optimieren.
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt liegt auf der Erweiterung des Konzepts der Operational
Design Domains (ODDs) für Teleoperation, um die Anforderungen an die
Kommunikationsdienste zu definieren und zu erfüllen. Die kontinuierliche Überwachung und
Qualitätssicherung der für die Teleoperation genutzten Netze ist essenziell, um eine
zuverlässige und sichere Teleoperation zu gewährleisten. Hierbei werden innovative Ansätze
wie das „Data-Driven Digital Mobile Network Twin“ Konzept vorgeschlagen, um die
Leistungsfähigkeit der Netze zu überwachen und anzupassen.
Die Schließung von Versorgungslücken in bestehenden Technologien und die Stabilisierung
der Netzkonnektivität durch Multi-Link-Ansätze und die Nutzung verschiedener
Dimensionen von Handover-Verfahren sind mittelfristige Forschungsziele. Die Anpassung
der Genauigkeit und Auflösung übertragener Bilder zur Kompensation von Latenz und Jitter
sowie die Vorhersage der QoE basierend auf spezifischen Fahrsituationen sind weitere
wichtige Aspekte.
Langfristig wird die sichere Aufzeichnung und Speicherung von Kommunikationsdaten für
die Unfallforschung sowie die Vereinbarkeit von Leistungs- und Sicherheitszielen mit dem
Schutz der Privatsphäre untersucht. Die Forschung in diesen Bereichen erfordert einen
interdisziplinären Ansatz, um die komplexen Herausforderungen der Teleoperation und
Teleassistenz im Verkehrswesen zu adressieren und innovative Lösungen zu entwickeln, die
sowohl die Sicherheit als auch die QoE für die Nutzenden verbessern.
Zukunftsperspektiven der Teleoperation
Teleoperation bietet nicht nur die Möglichkeit, die Sicherheit und Effizienz des Verkehrs zu
verbessern, sondern eröffnet auch neue Einsatzmöglichkeiten für Fahrzeuge in abgelegenen,
gefährlichen oder schwer zugänglichen Gebieten. Die Forschung und Entwicklung in diesem
Bereich, unterstützt durch fortschrittliche Kommunikationstechnologien und interdisziplinäre
Zusammenarbeit, ist entscheidend, um die technischen und gesellschaftlichen
Herausforderungen zu bewältigen und das volle Potenzial der Teleoperation zu erschließen.
Die Arbeit von Forschungseinrichtungen und Universitäten, wird dabei eine zentrale Rolle
spielen, um die technologischen Grundlagen zu schaffen und die Integration dieser
innovativen Steuerungsmethode in unsere Mobilitätssysteme zu ermöglichen. Die
Teleoperation verspricht, die Mobilität von morgen sicherer, effizienter und flexibler zu
gestalten und markiert einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer nachhaltigen und
vernetzten Zukunft der Mobilität. Der Fokus liegt dabei nicht allein auf der Technik, sondern
auf der Schaffung eines ausgeglichenen soziotechnischen Systems, in dem stabilisierende und
destabilisierende Faktoren identifiziert und deren Wechselwirkungen untersucht werden.
Kontakt:
Tobias Hardes
Tobias.Hardes@uni-paderborn.de