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Car Features

Car Features gegen Bezahlung: Sitzheizung als Abo

Abo-Modelle werden die Zukunft der Automobilbranche maßgeblich prägen, da sie alle Bereiche von der Produktion bis hin zur Nutzungsphase erfassen und mit den flexiblen Preismodellen wichtige Instrumente sowohl für die Kundenbindung als auch für eine erfolgreiche Vermarktung von digitalen Diensten und Serviceleistungen bilden. Durch die Fertigungsoptimierung und die verlängerte Customer Journey können zudem Produktionskosten minimiert und ein nachhaltiger Kundenstamm aufgebaut werden, was einen zuverlässigen Zahlungsfluss sichert.

Automotive Engineer Using Virtual Reality Headset for Virtual Electric Car 3D Model Design Analysis and Improvement. 3D Graphics Visualization Shows Fully Developed Vehicle Prototype Analysed, Optimized

© Gorodenkoff Productions OU – stock.adobe.com

Bei einem Autokauf handelt es sich derzeit noch zumeist noch um klassische Einmaltransaktionen, bei denen sich der Käufer bis zum Zeitpunkt des Kaufs entschieden haben muss, welche Funktionen wie beispielsweise Sitzheizung oder Fernlichtassistenten das Fahrzeug besitzen soll. Diese Transaktion bildet somit den einzigen Berührungspunkt innerhalb der Customer Journey zwischen OEM und Autokäufer:in.

Dabei wäre es für die Automobilhersteller lukrativer an weiteren Punkten in der Nutzungsphase anzuknüpfen und das reine Produkt durch komplementäre Funktionen immer wieder zu ergänzen. Dies ist besonders sinnvoll angesichts der zunehmenden Nutzungsdauer eines Automobils, die sich durch die Entwicklung der letzten Jahre abzeichnet. So belegt eine Studie von Statista aus dem Jahre 2022, dass das durchschnittliche Alter eines Pkw auf deutschen Straßen 2010 noch bei 8,1 Jahren lag, wohingegen es bis 2022 deutlich angestiegen ist und nun ein Alter von 10,1 Jahren aufweist.

Daher stellt sich die Frage: Wie können Hersteller über die gesamte Customer Journey, also vor allem in der Nutzungsphase, eine größere Kundenbindung erzielen und einen konstanten Zahlungsstrom generieren? 

Die Lösung liefern digitale Abonnements in der Automobilbranche.

Die verschiedenen Subscription-Modelle sind Teil der sogenannten Functions on Demand („Funktionen auf Verlangen“), auch FoD genannt. Im Sommer 2022 schaffte es BMW, die Aufmerksamkeit und Verbreitung der FoD durch das Angebot einer Sitzheizung zu steigern. Der eigentliche Vorreiter war jedoch der US-Elektroauto-Pionier Tesla, der schon Ende 2016 die Möglichkeit von FoD bei Kameras anbot.

Generell ermöglichen FoD die Veränderung und Erweiterung der traditionellen hin zu digitalen Geschäftsmodellen, die vor allem in der Nutzungsphase greifen. Dabei orientieren sich die OEMs mit den On-Demand-Verfügbarkeiten an den sogenannten Hyperscalern wie Netflix, Amazon oder Spotify. Die Basisfunktionen des Fahrzeugs bleiben weiterhin bestehen, jedoch können Kund:innen für einen bestimmten Zeitraum zusätzliche Funktionen, zum Beispiel per Abonnement, hinzubuchen und aktivieren. Dies funktioniert meist über fest verbaute 4G-eSims, die in vielen neuen Fahrzeugmodellen ständig online sind, um so Over-the-Air-Updates (OTA-Updates) empfangen zu können. So kann der Pkw deutlich funktionsfähiger gestaltet werden, da beispielsweise Sonderausstattungen freigeschaltet werden können, welche die Fahrleistung und den Fahrkomfort verbessern. Das Auto wandelt sich daher verstärkt zu einer Mobilitätsplattform, die Kund:innen jederzeit flexibel nach den individuellen Wünschen und Bedürfnissen konfigurieren können.

Insgesamt bieten die Subscription- oder Abo-Modelle fünf Hauptvorteile:

1. Differenzierungsmöglichkeiten
Mit dem Angebot von zubuchbaren Leistungen im Abonnement differenzieren sich die Anbieter vom Wettbewerb, denn sie bieten Kund:innen beim Kauf eines Autos zukünftig zusätzliche Services, der Preis bietet weitere Differenzierungsmöglichkeiten. So können die digitalen Abonnement-Modelle zum Alleinstellungsmerkmal eines OEM werden.

2. Digitalisierung des Aftersales
Außerdem findet eine Digitalisierung des Aftersales statt, da die Fahrzeug-Konnektivität und die damit verbundenen digitalen Funktionen einen immer größeren Stellenwert einnehmen. Mit Over-the-Air Updates und Functions on Demand lassen sich Autos „up-to-date“ halten und können zusätzlich nach dem Fahrzeugkauf auf die kundenindividuellen Bedürfnisse angepasst werden. Die Nutzungsphase sollte daher als Betreuung der Kund:innen während der Inanspruchnahme von Mobilität begriffen werden, was die Kundenbindung stärkt und Wertschöpfungskette verlängert.
3. Fertigungsoptimierung
Des Weiteren kann die Fertigung für die Autohersteller optimiert werden, da die Komplexität in der Produktion aufgrund der Abschaffung bzw. Vereinheitlichung von Arbeitsschritten vereinfacht werden kann. So würden perspektivisch [1] beispielsweise keine Sitze ohne Heizung mehr angefertigt. Selbst wenn dies in einem höheren Ressourcenverbrauch resultieren sollte, kann durch den Verkauf von Functions on Demand ein höherer Gewinn erzielt werden.
4. Planbares Geschäftsmodell
Darüber hinaus bilden Subscription-Modelle die Möglichkeit eines deutlich vorteilhafteren, planbaren Geschäftsmodells, da anstelle einer Einzeltransaktion ein konstanter Zahlungsfluss geschafft werden kann. Dies schafft Unabhängigkeit gegenüber Konjunkturschwankungen und führt über die Zeit zu höheren Umsätzen. Mit einem Potenzial einer „Absatzsteigerung von bis zu 40 Prozent“  stellen FoD zukünftig einen der zentralen Wachstumsbereiche für OEMs dar.
5. Steigerung der Kundenbegeisterung und Markenbindung
Zusätzlich steigern die Abonnements die Kundenbegeisterung und stärken gleichzeitig die Markenbindung, da die Customer Journey verlängert wird und das Interesse der Kund:innen nicht nur einmalig beim Kauf des Fahrzeugs, sondern kontinuierlich durch die unterschiedlichen Funktionen geweckt wird und erhalten bleibt. Des Weiteren spielt die psychologische Komponente eine elementare Rolle, da verbaute, noch nicht freigeschaltete Features attraktiver sein könnten, weil die Kund:innen wissen, dass sie diese ohne großen Aufwand über einen monatlichen Beitrag freischalten können. Dazu bedarf es weder eines Werkstattbesuchs noch große finanzieller Aufwände. Gleichzeitig steigt die Wahrscheinlichkeit, dass aufgrund der niedrigschwelligen Verfügbarkeit Sonderausstattung per Einmalzahlung dauerhaft dazugebucht wird. Den Kund:innen stehen außerdem aufgrund der neuen oder erweiterten Funktionalitäten in engem Kontakt mit dem Automobilhersteller. Dieser ist dadurch zudem, im Gegensatz zu den früher vor allem auf Reparaturen beschränkten Herstellerkontakten, deutlich positiver geprägt.
Neben BMW und Tesla bieten weitere Automobilhersteller, wie zum Beispiel Porsche, Mercedes-Benz und Audi verschiedene Abonnement-Modelle für ihre Kund:innen an. So können Verbraucher:innen beispielsweise bei einigen Modellen von Porsche den Charging Planner, von Mercedes-Benz die 10 -Grad-Hinterachslenkung oder von Audi den Parkassistenten je nach Autotyp für einen bestimmten Zeitraum freischalten. Dabei bieten manche OEMs einen kostenlosen Probemonat an. Die Abonnement-Modelle können sich zum Beispiel über eine Zeitspanne von sechs Monate über ein bis drei Jahre strecken. Es besteht teilweise auch die Möglichkeit einer vollständigen Freischaltung für eine größere Kaufsumme. Insgesamt bietet die Umstellung auf Subscription-Modelle viele Vorteile. Die dadurch gewonnene Flexibilität stärkt die Kundenbeziehungen gestärkt und hilft, Neukund:innen zu gewinnen. Zudem eröffnen sich Potenziale für Wirtschaftswachstum und die bisherigen Angebote können erweitert werden, wie beispielsweise durch servicebasierte Dienstleistungen. Insbesondere der Aufbau einer direkten Kundenbeziehung, die den Bedürfnissen der modernen Konsument:innen besser entspricht, kann für Unternehmen äußerst lukrativ sein.
Jedoch darf der Aufwand für den Wandel und die damit verbundenen Risiken nicht unterschätzt werden. Die Umstellung auf ein Subscription-Modell birgt für Unternehmen unterschiedliche Herausforderungen. Dabei kann zwischen Risiken außerhalb und innerhalb des Unternehmens unterschieden werden.
Hacker, die sich beispielsweise auf das Freischalten von gesperrten Funktionen in BMW-Fahrzeugen spezialisiert haben, bieten ihre Dienste bereits seit Jahren in BMW-Foren sowie über verschiedene Online-Marktplätze an und stellen eine Bedrohung für OEMs sowie die Sicherheit der Funktionen dar.
Eine der größten Schwierigkeiten innerhalb der OEMs besteht darin, den zeitlichen und finanziellen Aufwand zu meistern, der erforderlich ist, um ein solches Modell erfolgreich umzusetzen. Im Vergleich zu klassischen Geschäftsmodellen erfordert die Implementierung eines Subscription-Modells die Anpassung sämtlicher Geschäftsprozesse und eine Änderung der Unternehmenskultur.
Ein weiteres Risiko besteht darin, dass die Kund:innen ihre Subscriptions kündigen, wenn der Kundennutzen nicht zufriedenstellend ist. Daher müssen die Unternehmen sicherstellen, dass sie sich kontinuierlich weiterentwickeln und die generierten Daten nutzen um stets den Anforderungen und Erwartungen der Verbraucher:innen zu entsprechen. Nur so kann eine langfristige und profitable Beziehung aufgebaut werden.
Die übersichtliche Darstellung der Abonnement-Modelle im Kontext des Gesamt-Portfolios und die Anpassung der Kommunikation an ein breites Publikum bildet eine weitere Herausforderung. Wichtig ist, dass die Abonnement-Modelle leicht verständlich sind und klare Wertversprechen bieten, um das Interesse potenzieller Kund:innen zu wecken.
Um erfolgreich zu sein, müssen OEMs eine klare Strategie entwickeln, sorgfältig planen und in Technologien investieren. Das Nutzenversprechen muss klar kommuniziert werden, um Kaufinteressenten zu begeistern und zu überzeugen.
Genau hier kann DiSerHub unterstützen.

DiSerHub bietet den OEMs eine Plattform für den Austausch von Wissen und Erfahrungen. Das Projekt ermöglicht den Teilnehmenden, sich bei Workshops und anderen Veranstaltungen mit Expert:innen und weiteren Akteur:innen der Branche zu vernetzen und die genannten Herausforderungen und Risiken zu diskutieren. Der Transformations-Hub schafft ein größeres Bewusstsein für das Thema in der Automobilbranche, fördert den Dialog und Informationsaustausch und leistet Aufklärung Richtung Verbraucher:innnen. Das Thema Subscription und Akzeptanz spielt auch in anderen Branchen wie dem Maschinenbau eine große Rolle. So bieten zum Beispiel die Unternehmen Heidelberger Druckmaschinen AG, Hilti AG und Rolls-Royce Abonnement-Modelle bereits heute erfolgreich an.
Hierbei kann DiSerHub als Bindeglied unter den Akteuren und mit der Wissenschaft agieren und die Erkenntnisse und Erfahrungen der verschiedenen Bereiche teilen.
Sie wollen auch zukünftig auf dem neusten Stand sein und mehr über Subscription-Modellen in der Automobilbranche erfahren? Dann schauen sie bei unserer LinkedIn-Seite vorbei.

Kearney, A.T. (2017). Automotive Vol. 7. Schöne neue Kaufwelten?. S.9. https://www.de.kearney.com/documents/1117166/1117384/ATK_Magazin_VOL7-D.pdf/a9eb0de5-7ca4-2150-61e7-3e74913e15e5. Letzter Zugriff: 07.03.2023.
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