Datenzugriff

Der Kampf um Fahrzeugdaten: Zugang zu fahrzeuggenerierten Daten bildet Grundlage für künftige Geschäftsmodelle

Pro gefahrener Stunde werden in einem modernen Fahrzeug rund 25 Gigabyte Daten generiert. Diese Fahrzeugdaten dienen als Grundlage für die Realisierung zahlreicher Geschäftsmodelle. Die Ausgestaltung dieser Geschäftsmodelle wirft aktuell jedoch noch zahlreiche Fragen auf: wer hat Zugriff auf Fahrzeugdaten, wie sind diese zu kombinieren, um mehrwertstiftende Dienste zu schaffen, welche Dienste werden überhaupt nachgefragt und wie kann deren Monetarisierung gelingen?

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Aktuelle und künftige Anbieter datenbasierter Dienstleistungen sind im gesamten Ökosystem der Mobilitätswirtschaft zu finden. Der Zugang zu Fahrzeugdaten und somit der Austausch von Informationen zwischen Unternehmen bildet dabei eine Grundlage in der Realisierung datenbasierter Geschäftsmodelle. Die vertikale Zusammenarbeit zwischen Akteuren auf unterschiedlichen Wertschöpfungsstufen wird europaweit im Automobilbereich durch die Kfz-GVO geregelt. Der relevante horizontale Regelungsrahmen ist hingegen das europäische Datengesetz – der sogenannte Data Act. Der Data Act ist branchenübergreifend gültig und soll die Nutzung von Internet-of-Things-Geräten (IoT) generierten Daten regeln. Zielsetzung bildet einerseits die Stärkung der Position der Verbraucher, damit diese eine bessere Kontrolle über die von ihren Geräten generierten Daten erhalten. Andererseits soll das Teilen von Daten zwischen großen und kleinen Unternehmen, wie beispielsweise zwischen Automobilherstellern und Werkstätten, eindeutiger geregelt werden. Der Data Act trägt daher zur eher generellen Erhöhung der Transparenz im Datenaustausch bei.

Das unterstellte Marktpotenzial datenbasierter Geschäftsmodelle ruft die Interessenvertretungen der Marktteilnehmer auf den Plan. Die Diskussionen drehen sich dabei im Schwerpunkt um Fragen des Zugriffs und der Organisation der fahrzeuggenerierten Daten.

  • Auf Seiten der Automobilhersteller verfolgt der Verband Deutscher Automobilindustrie (VDA) mit dem ADAXO-Konzept unter anderem die Idee eines Datenmarktplatzes, an dem Hersteller, Zulieferer und Dritte partizipieren können. Auf ADAXO sollen Fahrzeugdaten gesammelt, zusammengeführt und für die Marktteilnehmer zugänglich gemacht werden. Die Vertretungen zahlreicher weiterer Verbände aus dem Mobilitätsökosystem befürchten bei Anwendung des ADAXO-Konzepts eine Dominanz und Abhängigkeit von den Automobilherstellern.
  • Im automobilen Aftermarket zählen unter anderem Zulieferer und Kfz-Betriebe sowie Überwachungsgesellschaften, Vermieter und Versicherungen zu den relevanten Akteuren. Alle vereint die Hervorhebung der Notwendigkeit eines vollständigen oder die Befürchtung eines zeitlich versetzen Zugriffs auf Fahrzeugdaten. Ein nicht vollumfänglicher Zugriff auf Fahrzeugdaten würde einen erheblichen Wettbewerbsnachteil mit sich bringen.
  • Die Gefahren hoher Kosten für den Datenzugriff, einer schlechten Datenqualität und eines zeitversetzten Datenzugriffs werden in diesem Zusammenhang diskutiert. Als Alternative zum ADAXO-Konzept fordern daher zahlreiche Akteure ein „neutrales“ Datenmanagement über einen Treuhänder. Insbesondere der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) sieht bei der Datenhoheit der Fahrzeughersteller das Risiko, dass die Unternehmen des Kfz-Gewerbes nicht oder nur unzureichend an datenbasierten Geschäftsmodellen teilhaben können. In diesem Zusammenhang fordert der ZDK zusätzlich zur horizontalen Gesetzgebung des Data Act eine sektorspezifische Regelung. Diese soll einen diskriminierungsfreien Datenzugang für Hersteller und die Unternehmen des Kfz-Gewerbe gewährleisten und damit einen fairen Wettbewerb absichern.
  • Auch technische Prüforganisation haben sich beim Thema Datenzugriff positioniert. So fordert der TÜV-Verband beispielsweise den Zugriff auf Original-Fahrzeugdaten, um die Funktionstüchtigkeitsprüfung von Fahrerassistenzsystemen bis hin zu Abgasreinigungssystemen vornehmen zu können. Des Weiteren können Prüforganisationen die Fahrzeugdaten nutzen, um die Fahrzeughistorie einzusehen und Aussagen über den Zustand der Hochvoltbatterie batterieelektrischer Fahrzeuge treffen zu können.
  • Nicht zuletzt ist die Sichtweise der Verbraucherinnen und Verbraucher Ihnen kann der Wunsch nach Wahlfreiheit, mit welchen Anbietern sie ihre Fahrzeugdaten austauschen möchten, unterstellt werden. Darüber hinaus sind Sicherheitsinteressen mit einzubeziehen. Zudem sind in Zusammenhang mit regulierten Marktzugängen negative Auswirkungen auf die Angebotspreise derartiger Dienste zu befürchten.